Wirklichkeit entsteht im Kopf
Durch die Neurowissenschaft wissen wir, dass das menschliche Gehirn an der Gestaltung und Konditionierung der Wahrnehmung der “Wirklichkeit” aktiv beteiligt ist. Nichts an den eigenen Gedanken, Gefühlen oder Empfindungen ist so festgelegt und unveränderbar, wie es scheint. Die Wahrnehmungen sind nur sehr grobe Annäherungen an die wahre Natur der Dinge. Die Welt in der wir leben bildet mit unserem Geist ein integriertes Ganzes [1]. Was soviel heißt, dass zumindest ein Teil dessen, was für uns die Realität darstellt, erst in unserem Kopf entsteht. Dabei ist das, was das eigene Gehirn konstruiert, nicht immer zwingend, sondern eine Möglichkeit aus einer Vielzahl an Möglichkeiten. Was daraus folgt: unser Gehirn hätte genau so gut auch eine andere Möglichkeit wählen können, wodurch sich diese andere Wirklichkeit dann von der ersten unterscheiden würde.
Dr. Constantin beschreibt in seinem Blog einen Versuch, der vor vielen Jahren an der Stanford University durchgeführt wurde [2]. Dieser Versuch belegt unter anderem, dass unser Gehirn bei der Wahrnehmung der Wirklichkeit eine große Rolle spielt. Und was wir für wirklich halten, das beeinflusst uns auch in unseren Gefühlen und Empfindungen. Wenn wir schlecht träumen, dann empfinden wir Stress, Schmerz und Ärger so, als wäre der Traum real. Erst wenn wir aufwachen und erkennen, dass wir nur geträumt haben, fallen die schlechten Gefühle von uns ab.
Ohne dass der Buddhismus irgend etwas von den Erkenntnissen der Neurowissenschaft gewusst hat, ist er über andere Wege zur gleichen Einsicht gelangt. Dabei versteht sich der ursprüngliche Buddhismus nicht als Religion so wie wir sie üblicherweise kennen, sondern mehr als eine “in der Praxis angewandten Denktradition oder Philosophie” [3]. Diesen ursprünglichen Buddhismus meint auch Albert Einstein, wenn er sagt: “Wenn es eine Religion gibt, die dem Anspruch moderner Wissenschaft standzuhalten vermag, dann ist es der Buddhismus”.
Wenn wir nun mit der Wirklichkeit, in der wir zu leben glauben, Probleme haben, dann sollten wir vielleicht der Frage auf den Grund gehen, welche dieser Probleme erst in unserem eigenen Kopf entstehen. Ob man dieser Frage mit den Mitteln des Buddhismus auf den Grund geht und Abhilfe schafft, oder das anderweitig tut, ist letztendlich nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass man seine eigenen Möglichkeiten erkennt und nutzt.
[1] Yongey Mingyur Rinpoche: “Buddha und die Wissenschaft vom Glück”, Arkana Taschenbuch, 2007
[2] https://www.mind-steps.de/2010/09/27/wirklichkeit-entsteht-erst-in-unserem-kopf
[3] Buddhismus auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus