Kollateralschaden
Batsch! Beim Aufschlag zerplatzt der Körper und die Innereien verteilen sich über eine große Fläche. Es ist ein überaus gewaltsamer Tod, der das junge Leben jäh auslöscht. Die dafür verantwortliche Vernichtungsmaschinerie ist bei den Bewohnern der Gegend zwar bekannt, doch sie schlägt immer und immer wieder so schnell zu, dass es kaum Hoffnung auf ein Entkommen zu geben scheint. Gerade noch genießt man unschuldig die Sonnenstrahlen des beginnenden Frühlings, doch im nächsten Moment ist das Todesurteil schon vollstreckt. Ohne Anhörung, Prozess oder Gerechtigkeit. Einfach so. Was muss es bedeuten, Mächten ausgeliefert zu sein, deren Ziele und Methoden man nicht kennt, die sich aber in der Konsequenz gegen das eigene Leben richten?
Wenn wir im Auto irgendwo hinfahren, dann haben wir nichts persönlich gegen die Biene, die an unserer Windschutzscheibe zerplatzt, gegen die Maus, die wir überrollen, oder das Reh, das beim Queren der Straße von uns angefahren und tödlich verletzt wird. Es passiert einfach ohne dass wir es explizit wollen. Ja, eigentlich wollen wir sogar, dass es nicht passiert, tun dafür aber nicht das Notwendige. Wir geben dem Umstand einen verniedlichenden Namen. Kollateralschaden: ein “Schaden” als Konsequenz einer Aktion, der nicht beabsichtigt ist und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ziel der Aktion steht, der aber dennoch in Kauf genommen wird.
Leben bedeutet Sterben und Leben bedeutet Töten.
Man hat vor kurzem geglaubt, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis eine AI (Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz) einen der besten Go-Spieler konsistent schlagen kann. Tatsächlich ging es nun wesentlich schneller. DeepMind hat Weltklasse-Spieler Lee Se-dol heute Morgen im letzten von 5 Spielen geschlagen. Nur einmal war der Mensch siegreich. Anders als das Schachprogramm Deep Blue, das 1996 und 1997 gegen den amtierenden Schach-Weltmeister gewann, basiert DeepMind auf einem neuronalen Netz, der im Moment wohl beste Ansatz in der AI. Es ist abzusehen, wohin die Reise auf dem Gebiet der AI geht: vermutlich in den nächsten 20 bis 40 Jahren wird die Menschheit mit einer ASI (Artificial Super-Intelligence) konfrontiert sein. Diesem Ereignis haben wir schon vor mehr als einem halben Jahrhundert seinen Namen gegeben: Technologische Singularität. Trotz aller Vorbereitung werden wir dann die Kontrolle verlieren. Was auch immer wir tun werden, die ASI wird irgendwann ihre eigenen, “höheren” Ziele verfolgen. Dabei wird es Kollateralschäden geben.
Jede hinreichend fortschrittliche Technologie
ist von Magie nicht zu unterscheiden.– Arthur C. Clarke