Gebrochene Versprechen
Nicht nur als Kinder erziehender Mensch weiß man, dass es wichtig ist, seine einmal gegebenen Versprechen auch einzulösen. Schließlich braucht man das Vertrauen des Kindes, auch damit man ihm selber vertrauen kann.
Viele Menschen handeln instinktiv nach der Tit-for-Tat Strategie oder einer leicht modifizierten Variante, die sich in der Spieltheorie als erfolgreichste Methode erwiesen hat: ich beginne wohlgesonnen und beantworte die Aktionen meines Gegenüber in gleicher Weise.
Wenn ich also einem Kind gegebene Versprechen auch einlöse, dann darf ich erwarten, dass es mir gegenüber seine Versprechen ebenfalls hält. Denn ansonsten läuft es Gefahr, dass auch ich mich nicht mehr an meine Versprechen gebunden fühle. Soweit erscheint alles klar.
In der Kindererziehung trifft man mit seinen Kindern häufig Vereinbarungen, an die sich dann alle zu halten haben, z.B. eine etwas detaillierte Version von "Jeden Sonntag wird das Kinderzimmer aufgeräumt" (Versprechen oder Erwartung). Gleichzeitig wird verabredet, was passiert, wenn sich jemand nicht daran hält (Fehlverhalten). Sollte es dazu kommen, wird eine Strafe verhängt (Konsequenz des Fehlverhaltens).
Hierbei ist äußerstes Feingefühl erforderlich: einerseits soll die Strafe davon abschrecken, das Versprechen nicht zu erfüllen - man will ja nicht die Strafe verhängen, sondern das Versprechen soll erfüllt werden. Andererseits muss man die Strafe so wählen, dass sie auch mühelos verhängt werden kann. Dazu muss sie dem Fehlverhalten angemessen sein und dem Kind - nicht auch noch den Eltern - Umstände bereiten. Angesichts der Anforderungen kann man sicher sein, dass man ohne einige Überlegungen keine geeignete Strafe finden wird.
Schnellschüsse gehen häufig nach hinten los: der 7-jährige Sohn legt eine Tüte Gummibären auf das Förderband an der Kasse, der Vater fordert ihn auf, die Süßigkeit wieder zurück ins Regal zu bringen. Der Sohn verweigert. Nachdem sich das folgende Wortgefecht über einige Zeit hinzieht, droht der entnervte Vater: Wenn du nicht augenblicklich machst was ich sage, dann hast du eine Woche Hausarrest. Der Sohn verweigert komplett, der Vater bringt die Ware zurück.
Bei bestem Sonnenschein draußen und während der Schulferien will man bestimmt kein gelangweiltes Kind zu Hause haben. Die Strafe bedeutet eine hohe nervliche Belastung der Eltern - eine, die sie in der Regel nicht aushalten. Möglicherweise wird die Strafe dann nicht umgesetzt. "Nicht so schlimm" meinen vielleicht einige. Aber das wäre dann Wortbruch.
Denn nicht gezogene Konsequenzen sind gebrochene Versprechen.
Ich bin bei der Androhung von Strafen deshalb sehr zurückhaltend, denn dazu muss ich etwas nachdenken können. Meine Kinder sollen sich schließlich auf mich verlassen können.