Freie Routerwahl
· 1.484 Wörter · 8 Minuten Lesezeit Leben
Forrest Gump formulierte es positiv: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen - man weiß nie, was man kriegt“.
Was mir mit Unitymedia bei einem gescheiterten Vertragswechsel und der anschließenden Aktivierung eines eigenen Routers passierte.
Die Situation
Seit 2014 habe ich einen Vertrag bei Unitymedia mit dem Namen 3play SMART 50, also bis zu 50 MBit/s Download-Geschwindigkeit und 2,5 MBit/s Upload-Geschwindigkeit. Zu Unitymedia bin ich von der Telekom gekommen, die bei uns damals nur ca. 3 MBit/s zur Verfügung stellen konnten. Zu wenig im Vergleich zum Mitbewerber.
Von Unitymedia habe ich neben einem HD-Recorder eine FritzBox 6360 Cable gestellt bekommen, mit der ich neben der Telefonie (Komfort-Option mit 3 Nummern) die Wohnung mit WLAN versorgen konnte.
Mit Einführung der freien Routerwahl im August 2016 hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt, die von Unitymedia gestellte FritzBox durch eine eigene FritzBox 6490 Cable zu ersetzen. Die Vorteile wären zeitnahe Firmware-Updates durch AVM, bei kurzen Reichweiten das schnellere 5 GHz WLAN zusätzlich, Streaming von Fernsehsendern und eine deutlich schnellere Admin-Oberfläche.
Ich habe es dann aber doch gelassen, auch weil ich erstmal sehen wollte, über welche Erfahrungen Andere mit eigenem Router bei Unitymedia berichten. Was ich gelesen habe, war wenig ermutigend, da viele Berichte von Problemen sprachen. Ich wollte erstmal keine möglicherweise tagelangen Ausfälle des Internets riskieren.
Der Anlass
Eines Tages fand ich ein Werbeschreiben im Briefkasten, dass mir einen attraktiven Preis für den Umstieg auf 2PLAY FLY 400 in Aussicht stellte. Zu ungefähr gleichen Kosten, jedoch ca. 8 Mal so schnell ins Internet ist kein Angebot, dass man leichtfertig ausschlägt.
Der Anruf bei der Bestellhotline verlief erfreulich: ich wurde schnell verbunden und ein kompetent wirkender Mitarbeiter hat sich meine Wünsche angehört: Umstieg auf das 2PLAY FLY 400 zusammen mit Abbestellen der Telefonkomfort-Option und Bereitstellung einer FritzBox 6490 Cable. Ja, die FritzBox 6490 Cable gibt es normalerweise nur mit der Komfort-Option, aber in meinem Fall war es auch anders möglich. Angeblich. Ich habe mir nochmal die Merkmale am Telefon bestätigen lassen und auch den Preis, denn der war ein anderer als der vom Angebot aus der Post. Aber dafür bekam ich genau das, was ich wollte. Dachte ich.
In meiner Familie wird das Festnetz nur noch in Ausnahmefällen genutzt, deshalb ergibt es keinen Sinn, an der Telefon Komfort-Option festzuhalten. Mit einer Festnetz-Nummer sind wir bestens bedient. Ich erwähne das, so dass sich jeder denken kann, was jetzt folgt.
Die Probleme
Wenn der Login im Kundencenter bei Unitymedia gelingt - was aufgrund von Server-Fehlern nicht immer ganz einfach ist - kann man den Status seiner Aufträge ansehen. In meinem Fall wurde einige Tage später die nötige Hardware verschickt. Die Auflistung der Komponenten enthielt eine Connect Box COMPAL und keine FritzBox 6490 Cable. Nicht das, was ich erwartet hatte. Ein Anruf bei der Kundenhotline ergab genau das, was ich befürchtete: die FritzBox 6490 Cable will mir Unitymedia nur in Verbindung mit der Telefon Komfort-Option überlassen, unabhängig davon, was der Konsens bei der Bestellung war. Ich bestand darauf, dass die Zusagen eingehalten werden. Der Mitarbeiter versprach, dass er das möglich machen werde. Ich war zufrieden.
Kurze Zeit später war im Unitymedia Kundencenter zu sehen, dass der ursprüngliche Auftrag mit der Connect Box COMPAL storniert und ein neuer erfasst wurde. Der neue Auftrag enthielt auch tatsächlich die FritzBox 6490 Cable. Ebenso die aber abbestellte Telefon Komfort-Option.
So musste ich nochmals telefonisch Kontakt aufnehmen: Unitymedia will mir trotz anderer Absprache keine FritzBox 6490 Cable zur Verfügung stellen, wenn ich nicht gleichzeitig die Telefonkomfort-Option nutze. Statt auf der Absprache zu beharren habe ich dem Mitarbeiter am Telefon angeboten, den erfassten Auftrag herauszunehmen, da dies nicht der Auftrag war, den ich erteilt hatte. Das hat er gemacht.
Die Rückabwicklung
Unitymedia hatte in der Zwischenzeit die Hardware auf den Weg gebracht. Da ich keinen Grund mehr hatte, die Sendung anzunehmen, habe ich die Annahme verweigert. Das Paket ging zurück an Unitymedia. Trotzdem hat mir Unitymedia einige Tage später einen Brief geschickt, in dem sie nicht nur die Hardware zurückforderten, die vermutlich in dem Paket war, sondern auch einen - mittlerweile veralteten - HD-Recorder gleichen Typs, den ich 2014 erhalten hatte. Der zurückgeforderte HD-Recorder hatte allerdings eine andere Seriennummer als derjenige, der mir von Unitymedia zur Verfügung gestellt wurde. Auf meine Frage bei der Hotline, wie ich denn fernsehen soll, wenn ich diesen HD-Recorder zurücksende, wusste man keine Antwort. Der Mitarbeiter wollte das klären und hat gesagt, für mich sei die Sache damit erledigt. Nun gut, ich hoffe das auch!
Kurze Zeit später erhielt ich eine E-Mail mit PDF-Anhang, in dem Unitymedia sein Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, dass ich meinen Auftrag widerrufen habe. Vielleicht käme man später nochmal zusammen.
Frustration
Zu keinem Zeitpunkte hatte ich einen Auftrag widerrufen! In meiner Antwort betonte ich, dass der Widerruf des Angebotes seitens Unitymedia stattfand. Ich hatte lediglich erklärt, dass ich das Angebot zu den von Unitymedia im Nachhinein veränderten Konditionen nicht annehme und sich die ursprünglich Annahme des Angebotes auf andere Leistungsmerkmale bezog.
Etliche Stunden seines Lebens zu vergeuden, ohne ein greifbares Ergebnis zu haben ist frustrierend, besonders wenn es vermeintlich einfach möglich gewesen wäre. Aber man sollte nicht versuchen zu ändern, was man nicht ändern kann.
Der Sprung
Meine Gedanken zur Einführung der freien Routerwahl im August 2016 kamen mir wieder in den Sinn. Und wenn mir Unitymedia zu den vereinbarten Konditionen keine FritzBox 6490 Cable zur Verfügung stellen will, dann besorge ich mir doch selber eine und storniere anschließend die Telefonkomfort-Option. Nach 35 Monaten haben sich die Kosten amortisiert. Zumindest die direkten finanziellen.
Das Standard-Prozedere zur Aktivierung des eigenen Routers ist bei Unitymedia aus unerfindlichen Gründen fehleranfällig und führt bei vielen Kunden zu Problemen, über die man im Internet informiert wird: die Seriennummer und die CM-MAC Adresse des eigenen Routers sollen telefonisch mitgeteilt werden. Was da für Fehler passieren können. Falsche Buchstaben und Ziffern, Vertauschungen und die Verwendung von Zeichen, die in keiner MAC Adresse vorkommen können (in mindestens einem Fall wurde ein großes O statt einer Null eingegeben). Warum nicht via Formular, E-Mail oder anderer Text-basierter Kommunikation?
Es wurde von einem Weg berichtet, der diese Probleme weitgehend eliminieren soll: die Mitteilung der Daten via Chat auf den Webseiten von Unitymedia.
Also habe ich mich in den Chat begeben und den Prozess zur Nutzung des eigenen Routers gestartet. Zuvor hatte ich eine neue FritzBox 6490 Cable bei Amazon erstanden und das gelieferte Gerät erfolgreich auf seine Funktionstüchtigkeit hin untersucht. Im Chat wurde ich dann erwartungsgemäß nach der Seriennummer (ohne Punkte) und der CM-MAC Adresse gefragt. Natürlich hatte ich diese Daten schon vorher erfasst und etliche Male geprüft, bevor ich sie via Copy & Paste in das Eingabefeld des Chats transportierte. Die Mitarbeiterin informierte mich noch, dass die Aktivierung meines Routers ein bis zwei Stunden dauern könnte und ich später die Zugangsdaten für SIP (zur Nutzung von VoIP-Telefonie) im Unitymedia Kundencenter finden würde.
In den nächsten Stunden passierte … nichts. Der bisher noch angeschlossene Unitymedia Router versah nach wie vor seinen Dienst und ermöglichte der Familie den Internet-Zugang. Damit hörte er aber ungefähr 36 Stunden später endgültig auf. Mit etwas gemischten Gefühlen bezüglich dem, was jetzt kommen könnte, schloss ich die neue FritzBox 6490 Cable an. Und sie funktionierte sofort mit der vollen vertraglichen Bandbreite. Ohne Wenn und Aber. Das tut sie auch heute noch. Die Übernahme der gesicherten Einstellungen von der Unitymedia FritzBox 6360 Cable auf die FritzBox 6490 Cable gestaltete sich ebenfalls problemlos. Wenige Einstellungen wurden nicht übernommen. Unter anderem blieb der Teredo-Filter aktiv, obwohl er in den Quell-Einstellungen ausgeschaltet war. Xbox-Spiele im Multiplayer-Modus sind dann i.d.R. nicht möglich. Aber das ist ja schnell geändert.
Auch die Zugangsdaten für die Telefonie waren wenig später im Kundencenter verfügbar und haben ebenfalls problemlos funktioniert. Jedenfalls für 2 unserer 3 Telefonnummern der Telefonkomfort-Option. Die dritte Nummer wurde im Kundencenter nicht mehr angezeigt. Der folgende Anruf bei der Hotline ergab, dass ohne Komfort-Option nur zwei Nummern möglich sind, denn die Komfort-Option hätte ich ja gekündigt. Nein, hatte ich nicht! Aber gut, genau das hatte ich vor. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich mich freuen, dass Unitymedia im Sinne ihrer Kunden proaktiv tätig wird.
Fazit
Ich bin ein bestimmter, aber freundlicher Mensch. Und die Mitarbeiter von Unitymedia, mit denen ich zu tun hatte, waren allesamt genauso freundlich und hilfsbereit. Dass bei Unitymedia Dinge schieflaufen oder nahezu perfekt funktionieren hat bestimmt Ursachen, die zu komplex sind, um sie in wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen. Dinge, die perfekt sind, die braucht man nicht zu verbessern. Bezüglich der anderen Punkte gibt’s bei Unitymedia viel zu tun. Da sehe ich die Verantwortung in erster Linie bei denen, die strategische Entscheidung treffen. Sozusagen da, wo der Fisch seinen Kopf hat. Von wo auch eine üble Geruchsbelästigung ausgehen kann.