Echte Politik
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Aus der Rede von Jeremy Corbyn (Parteivorsitzender der Labor Party) anlässlich des Trades Union Congress (TUC) in Brighton am 10. September 2019:
Heute bleibt das britische Parlament leer, es wurde von einem vor der Kontrolle flüchtenden Ministerpräsidenten geschlossen.
Man darf das Drama in Westminster niemals mit dem verwechseln, worum es bei der Politik wirklich geht. Was für die Menschen wirklich wichtig ist sind nicht die Rücktritte, die Überläufe oder die spätabendlichen Abstimmungen im Parlament. Für die meisten Menschen liegt das alles weit weg. Was wirklich zählt, ist die Wirklichkeit ihres Alltags in ihrer Gemeinde, in ihrer Straße und an ihrem Arbeitsplatz. In der wirklichen Politik geht es nicht um das parlamentarische Hickhack mit seiner verwirrenden Sprache und seinen Verfahren. Bei echter Politik geht es darum, Menschen, die nicht viel Geld und keine Freunde in hohen Positionen haben, Macht zu geben, damit sie die Kontrolle über ihr eigenes Leben übernehmen können.
Boris Johnsons politische Strategie ist völlig klar: Er will einen Showdown über einen No-Deal Brexit inszenieren, den er als Kampf zwischen Parlament und Volk verpacken kann. Das Volk in diesem Melodrama spielte niemand anders als Boris Johnson selbst. Aber die Vorstellung, dass Johnson und seine wohlhabenden Freunde und Unterstützer das Volk repräsentieren, ist völlig absurd. Johnson und sein rechtes Kabinett stehen nicht nur auf der Seite des Establishments, sie sind das Establishment. Diese Regierung unterscheidet sich nicht groß von anderen Tory-Regierungen. Sie werden den Reichen helfen, reicher zu werden und die Anderen bezahlen lassen.
Johnsons rücksichtsloses No-Deal Abkommen würde Arbeitsplätze vernichten, die Lebensmittelpreise in den Läden in die Höhe treiben und einen Mangel an Medikamenten verursachen, auf die die Menschen angewiesen sind. Und es wird die Lieferketten im verarbeitenden Gewerbe durcheinander bringen und an vielen anderen Arbeitsplätzen zu einer Vielzahl von Problemen führen. Und wer trüge die Kosten dafür? Es wären nicht Johnson und seine reichen Freunde. Es geht nicht um ihren Lebensunterhalt. Es wird der Rest der Bevölkerung sein. Ebenso wenig wie die Banker, die Boris Johnson noch verteidigt, den Preis für den Finanzcrash von 2008 bezahlt haben. Getroffen hat es zig-Millionen Arbeiter, die absolut nichts damit zu tun hatten.
Für die Tories geht es um viel mehr als um das Verlassen der Europäischen Union. Es geht darum, die Ergebnisse des Referendums zu missbrauchen, um noch mehr Macht und Wohlstand für die Reichen zu schaffen. Sie werden einen No-Deal Crash nutzen, um Regelungen durchzusetzen, die ihnen und ihren superreichen Anhängern zugutekommen und allen anderen schaden. Genau wie nach dem Finanzcrash. Unter dem Deckmantel von No-Deal werden sie die öffentlichen Dienstleistungen privatisieren, die Vorschriften aufheben, die die Bevölkerung schützen, und die Arbeitnehmerrechte untergraben. Und sie werden all dies in einem Unterbietungswettlauf um einen Trade-Deal mit Donald Trump zementieren.
Es besteht kein Zweifel: Ein No-Deal Brexit ist in Wirklichkeit ein Trump-Deal Brexit, der zu einem einseitigen US-Handelsabkommen führen wird, das aus einer schwachen Position heraus ausgehandelt wird. Es wird Großbritannien der Gnade von Trump und den großen US-Konzernen ausliefern, die darauf aus sind, ihre Zähne noch weiter in das öffentliche Gesundheitssystem zu graben.